Goethe in Karlsbad
Eine historische Erzählung zu Goethes Leben am Beispiel eines Kuraufenthalts in Karlsbad? Das klingt zunächst für heutigen Geschmack etwas unzeitgemäß. Der Drehbuchautor Ralf Günther, der sich mit Kinderserien und historischen Romanen einen Namen gemacht hat, zeichnet schön das historische Kolorit der Goethezeit und des Kurbetriebes im weltläufigen Karlsbad. Sein Anliegen ist, dabei Goethes modern anmutende Vorstellung von Liebe vorzustellen. Diese erfährt der Leser aus Goethes Verhältnis zu Christiane, seiner Frau, aber auch in der etwas konstruiert wirkenden Liebestragödie eines Paares, dessen Eltern ihre Verbindung hintertreiben wollen. Goethe rettet mutig die beiden vor dem Suizid und verwendet sich bei ihren Eltern für den unstandesgemäßen Liebesbund. Natürlich muss er sich immer wieder mit Wirkung und Missverständnissen seines Werther-Romans auseinandersetzen. Im echten Leben sei Liebe zugleich Aufbruch und Unsicherheit; eine Ehe sollte von Vertrauen und Freiheit gleichermaßen gekennzeichnet sein, erklärt Goethe dem heißblütigen Jüngling Henri. Als Überraschung erscheint Goethes uneheliche Vaterschaft und die Versorgung der kurzfristig Geliebten. Gut zu lesen mit Situationen und Dialogen, die den Drehbuchautor erkennen lassen.
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Goethe in Karlsbad
Ralf Günther
Kindler (2022)
175 Seiten : Illustration
fest geb.