Aristoteles und Dante ... springen in den Strudel des Lebens
Nachdem sich auch Aristoteles für Dante entschieden hat, erleben die beiden nun ihre erste Liebe. Die kann so oder so sehr aufregend sein. Im Falle zweier Teenager, die eine homosexuelle Beziehung führen, bedeutet das in Texas Ende der 1980er Jahre jenseits des eigenen Zuhauses leider noch Heimlichkeit und ein erschwertes Ausleben der Gefühle. Nur einige wenige gute Freund/-innen wissen Bescheid. Es ist vor allen Dingen Aris Geschichte, der sich wohl durch die Beziehung zu Dante derart gestärkt fühlt, seine bisherige Außenseiterposition im letzten Highschooljahr zu verlassen, und plötzlich auch andere Menschen und Beziehungen um sich herum wahrnimmt bzw. eingeht. Seine Mutter äußert in einem der zahlreichen Gespräche, die er mit ihr führt, zu Beginn bereits die einfache, aber hinsichtlich von Entwicklungen und/oder Zuschreibungen keinesfalls banale Feststellung zu ihm: "Du kannst Menschen lesen. Das ist eine Gabe. Und du solltest wissen, dass in dir sehr viel mehr steckt, als dass du Jungs magst." (S. 46). Zunächst aber konzentriert sich Aristoteles bzw. Sáenz auf die Liebe der beiden bzw. Aris Liebe und sein körperliches Begehren für Dante. Romantisch erleben die beiden ihr erstes Mal bei einem mehrtätigen Zelttripp in der Wildnis. Das Glück scheint perfekt, doch beide sind auch weiterhin Absurditäten und Unsicherheiten ausgesetzt. Wie traurig, wenn Ari die Unmöglichkeit eines Händchenhaltens in der Öffentlichkeit erwähnt, die im Gegensatz zu der Freude und Akzeptanz über ein heterosexuelles junges Paar steht. Wenn er über den Umgang mit Aidskranken (in Medien) und katholisch geprägter Umgebung berichtet. Ari erlebt viel in diesem Jahr. Mit Dante, mit seinem Vater, seiner Mutter und seinem homophoben Bruder. Er führt viele Gespräche, schreibt in nie abgeschickten Briefen an Dante eine Art Tagebuch über Leben und Liebe. In manchen Erzählsträngen liegt dabei sehr viel Pathos (z.B. die Huldigung der Eltern, insbesondere der Mutter Aris). Mal abgesehen davon, dass hier eine dramatisch schöne Liebesgeschichte vorliegt, ist das selbstverständliche und liebevolle Unterstützen der Beziehung durch beide Elternpaare für Lesende, die vor einem Coming-out stehen oder es hinter sich haben, sicher hilfreich.
Anna Winkler-Benders
rezensiert für den Borromäusverein.
Aristoteles und Dante ... springen in den Strudel des Lebens
Benjamin Alire Sáenz ; aus dem Amerikanischen von Brigitte Jakobeit
Thienemann (2023)
543 Seiten
fest geb.