Die Wunderübung
Joana und Valentin haben sich eigentlich nichts zu sagen, ihre Beziehung ist auf Eis gelegt. So fühlt sich jedenfalls die Stimmung im Therapieraum an. Aber zum Glück hat Joana schon etwas - oder auch eine ganze Menge - über Valentin zu sagen, und
dieser hat sich zu verteidigen und schießt treffsicher zurück. Viele Klischees über Frauen, die nicht zuhören, ständig reden und Männer, die nicht zu Wort kommen, über Paare, die Seitensprünge kennen und diese bereuen, über Therapeuten, die ihren Klientinnen und Klienten nicht gewachsen sind, werden hier genüsslich breitgetreten. Der Therapeut versucht mit mehreren Übungen und Tricks, der verflixten Situation Herr zu werden, aber vergeblich. Erst als der Therapeut selbst durch einen Telefonanruf seiner Gattin aus dem Gleichgewicht geworfen wird, weicht die harte Schale auf, aber auch nur, um sich dem interessanteren Ehedrama des Paartherapeuten zu widmen. - Köstlich, feinfühlend ironisch und fast zärtlich, aber auf jeden Fall mit viel Sympathie, weist Daniel Glattauer wieder einmal auf die Ungereimtheiten zwischenmenschlicher Beziehungen hin. Breit einsetzbar.
Lili Aignesberger
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Die Wunderübung
Daniel Glattauer
Deuticke (2014)
110 S.
fest geb.