Trinker, Cowboys, Sonderlinge
Der Titel ist etwas irreführend, denn der Autor, ein Deutsch-Amerikaner, bietet keine Sensationsgeschichten, sondern sorgfältig recherchierte Lebensbilder von politischen Führungspersönlichkeiten, die gewisse Eigenheiten aufweisen. Die Reihe beginnt mit dem öfters unbeherrschten Andrew Jackson, der im Duell seinen Gegner getötet hatte. Bei William Howard Taft, der mehr als drei Zentner schwer war, interessiert sich Ronald D. Gerste, ein Arzt, für dessen Schlafapnoe. Diese führte dazu, dass dieser Präsident immer wieder kurz einnickte, dann aber wieder fit bei der Sache war. Behutsam spricht der Autor die Alkoholnähe von Ulysses S. Grant an, der beruflich öfters gescheitert war. John F. Kennedy erscheint als "Zügelloser" wegen seines ausgeprägten Sexualtriebes und Richard M. Nixon als der "Getriebene", der mit starken Gemütsschwankungen zu kämpfen hatte. Der europäische Leser erfährt nebenbei viel über das amerikanische Wahlsystem, den Bürgerkrieg zwischen den Nord- und den Südstaaten, das sehr harte Vorgehen gegen die Indianer und die rasante technologische und soziale Veränderung der letzten zweihundert Jahre in Nordamerika. Und so ist die Lektüre spannend, unterhaltsam und zugleich informativ. Die politische Leistung der Präsidenten nimmt einen eher kleinen Teil der Darstellung ein. Einen aktuellen Anflug bekommen diese historischen Darstellungen durch gelegentliche Seitenhiebe auf den gegenwärtigen Präsidenten der USA.
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Trinker, Cowboys, Sonderlinge
Ronald D. Gerste
Klett-Cotta (2019)
286 Seiten : Illustrationen
fest geb.