Der große Wunsch
Murad lebt seit der Migration seiner Eltern nach Deutschland in Berlin. Seine Ehe mit Dorothee ist gescheitert. Als er erfährt, dass ihre gemeinsame Tochter Naima nach Syrien aufgebrochen ist und einen "Gotteskrieger" geheiratet hat, wirft er sich vor, nicht auf ihre Bedürfnisse geachtet zu haben. Kurzerhand entschließt er sich, in den Vorderen Orient zu fahren, um seine Tochter zurückzuholen. An der syrisch-türkischen Grenze findet er Kontakt zu Schleusern, die seine Tochter ausfindig gemacht haben. Aber er findet auch Kontakt zu seiner Vergangenheit: Was verbindet ihn mit dieser Region, dem islamischen Kulturkreis? Wie ist überhaupt die Beziehung zu seiner Frau, von der er getrennt lebt? Während er auf Informationen zum Verbleib Naimas wartet, macht er sich darüber Gedanken. Dann erfährt er, dass Naima in einem Auffanglager für Flüchtlinge in Syrien nahe der Grenze ist. Und er fährt dorthin, um sie zurückzuholen. Und er erfährt außerdem, dass sein enger Freund Aziz in die Angelegenheit involviert ist. - Mit seinem schönen narrativen Stil und mit viel Empathie entführt Sherko Fatah die Lesenden in eine Welt, die ihnen durch die Medien bekannt zu sein scheint. In der aber alles so anders abläuft, als man es sich von Europa aus vorstellt. Ein einfühlsamer, aber auch dokumentarischer Roman über eine Welt, über die die meisten Menschen in Europa wohl zu wenig wissen. Aber auch eine bewegende Vater-Tochter-Geschichte und ein Roman über die Suche nach der eigenen Identität. Sehr zu empfehlen.
Günter Bielemeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der große Wunsch
Sherko Fatah
Luchterhand Literaturverlag (2023)
380 Seiten
fest geb.