Ein Haus auf dem Land
Ende der 90er Jahre lässt Jan Brandt seine Heimat Ihrhove im Emsland hinter sich und geht zum Studium nach Berlin. Berlin ist hip, im Aufbruch, die literarische Szene verheißungsvoll. WG-Erfahrungen mit Kriechtieren, Ratten, lauter Musik und Schimmel
an den Wänden schildert der Ich-Erzähler amüsant und bildreich. Doch die Wohnlage in Berlin verändert sich, die Mieten steigen und bezahlbare Wohnungen sind nach der Jahrtausendwende kaum noch zu bekommen. Als dem Erzähler eine Kündigung wegen Eigenbedarf droht, muss er sich mit Dutzenden von Bewerbern in lange Warteschlangen stellen und als Person durchleuchten lassen. Deshalb überlegt er, zurück ins Emsland zu ziehen. Das Haus seiner Urgroßeltern steht zum Verkauf. Er hat das Gefühl, in Berlin nie angekommen zu sein und glaubt, Zugehörigkeit nur in seinem Herkunftsort erleben zu können. Da er sich die Finanzierung des Hauses nicht leisten kann, versucht er, Geschichten über das alte Haus und seine Familie zu sammeln. - Brandt erzählt von seinen Erlebnissen in Berlin und im Emsland in getrennten Büchern, die zu einem "Wendebuch" zusammengefasst sind. Er beleuchtet darin den Begriff Heimat in Stadt und Land als Sehnsuchtsort, der rückblickend nur noch in der Erinnerung existiert. Gleichzeitig beschreibt er schonungslos heutige Wohn- und Gesellschaftsstrukturen. Sein kluges und humorvolles Buch ist mit zahlreichen Fotos aus Berlin und Ihrhove illustriert. Ein aktuelles, besonders aufgemachtes Buch für alle Bestände.
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.

Ein Haus auf dem Land
Jan Brandt
DuMont (2019)
188, 231 Seiten : Illustrationen (überwiegend farbig)
fest geb.