Gleißendes Licht

Zu einer Zeit, als „multikulti“ noch nahezu unbekannt war, wächst Kaan als Sohn einer türkischstämmigen Mutter und eines deutschen Vaters in München auf. Die Musik bringt ihn in die große weite Welt – als Komponist und Pianist lebt er in Berlin und New York, hat Gastspiele in den Metropolen. An seiner Seite seine Freundin Zizi. Als Kaans Großmutter stirbt, reist die Familie in den Osten der Türkei. Hier an der Schwarzmeerküste treffen sich Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins. In dieser Zeit der Trauer zerbricht die Beziehung mit Zizi, alte Wunden brechen auf und Verletzungen geraten ans Tageslicht. Kaan erfährt außerdem vieles aus dem Leben seiner Großeltern. Zum Großvater haben alle im Dorf aufgeschaut, er war einst ein erfolgreicher Geschäftsmann, der dann doch alles verlor. Seine Großmutter kam als armenische Waise ins Dorf. Tochter von Armeniern zu sein, wurde ihr ein Leben lang als Makel angesehen. Das wird Kaan über Jahre beschäftigen: Seine Identität als Spross verschiedener Ethnien, die Angst, Wut und Gewalt der Vergangenheit. Er sinnt auf Rache für die Gräueltaten, die türkische Menschen den Armeniern ein Jahrhundert zuvor angetan haben. Marc Sinan – biografisch mit einem ähnlichen Hintergrund wie Kaan – spinnt in seinem Romandebüt ein Netz aus verschiedenen zeitlichen wie geographischen Ebenen und Schauplätzen und verbindet sie mit traditionellen Stoffen aus der Schwarzmeerregion. Was ist Heimat, was ist Familie? Poetisch erzählt und vom Schauspieler Tim Seyfi souverän und ungekürzt gelesen. Eher etwas für größere Bestände.