Als der Kaiser ein Gott war

Der Kurzroman von Julie Otsuka spielt vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs, als nach dem Überfall auf Pearl Harbour 1941 und dem Kriegseintritt der USA alle japanisch-stämmigen US-Amerikaner unter Generalverdacht gestellt und zumindest zeitweilig Als der Kaiser ein Gott war in Lagern interniert wurden. Die Autorin entwickelt dabei in kurzen, oft fast lyrischen Vignetten eindrückliche Bilder von der Hilflosigkeit, Scham und Wut ihrer Protagonisten, einer bewusst namenlos porträtierten Kleinfamilie aus der amerikanischen Mittelschicht. Während der Vater in ein spezielles Straflager verschleppt wird, müssen die Mutter - eine noch in der japanischen Kultur verwurzelte Christin - und ihre beiden Kinder, die sich ihrerseits schon ganz als Amerikaner fühlen, das gemeinsame Haus verlassen und Jahre hinweg in einem Lager in der Wüste von Utah verbringen. Ihre Hoffnung, nach Kriegsende wieder in ihr altes Leben zurückkehren zu können, wird sich dabei zerschlagen. Am Ende steht ein gescheiterter amerikanischer Traum, eine gebrochene Familienexistenz. - Julie Otsukas Buch ist keine leichte Lektüre. Eine durchgehende Handlung fehlt ebenso wie eine einheitliche Erzählstimme. Wer sich auf die ungewohnte sprachliche Form einlässt, wird mit einem Leseerlebnis belohnt, das noch lange nachwirken wird. Ausdrücklich ist hier auch die Übersetzung zu loben, die Sprache und Stil des englischen Originals nahezu perfekt wiedergibt. Das universelle Thema des Buches - wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gegenüber einer Minderheit Familien und Menschen brechen - ist aktueller denn je.

Friedrich Röhrer-Ertl

Friedrich Röhrer-Ertl

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Als der Kaiser ein Gott war

Als der Kaiser ein Gott war

Julie Otsuka ; aus dem Amerikanischen von Irma Wehrli
Lenos (2019)

189 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 936176
ISBN 978-3-85787-499-4
9783857874994
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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