I love Dick

Die "experimentelle Filmemacherin" Chris, verheiratet mit dem fast 20 Jahre älteren Wissenschaftler und Poststrukturalisten Sylvère, verliebt sich in einen Kollegen ihres Mannes, den Literaturwissenschaftler Dick, und schreibt ihm Briefe, in denen I love Dick sie von ihrer Liebe schreibt sowie über Kunst und über die Probleme von Frauen, sich in der Kunst zu behaupten. Diese Briefe erklärt sie zur Kunst. Sylvère bedankt sich sogar bei Dick für "seine wiedergefundene Sexualität". Dick selbst taucht erst in der zweiten Hälfte nach einem kurzen Treffen auf; er fühlt sich gestalkt. Der autobiografische Briefroman, der auch eine Art Tagebuch ist, wechselt zwischen emotionalen Ergüssen über Liebe und Erfolglosigkeit als Künstlerin, Anklagen gegen die Männer und theoretischen Abhandlungen über die Postmoderne und Performance-Kunst. Chris' obsessive Versuche, sich zu verwirklichen und Anerkennung zu erlangen, misslingen. Sie fühlt sich als ein Niemand, als Anhängsel von Männern. - Kraus' Buch erschien vor 20 Jahren, hat aber erst jetzt Erfolg und wird als feministisches Manifest hochgelobt. Doch dürfte die obsessive und humorlose Pseudo-Intellektualität einen großen Teil der Leser/innen eher nerven. Die Probleme der Künstlerin und der feministische Diskurs der neunziger Jahre sind passé. Der Kritik des "Guardian", es sei das wichtigste Buch des 20. Jahrhunderts über Männer und Frauen, kann die Rezensentin nicht zustimmen. Für an feministischen Thesen Interessierte könnte es dennoch interessant sein. Außerdem startet im Mai eine Amazon-Serie zu diesem Buch. (Übers.: Kevin Vennemann)

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

I love Dick

I love Dick

Chris Kraus
Matthes & Seitz (2017)

292 S.
fest geb.

MedienNr.: 588774
ISBN 978-3-95757-364-3
9783957573643
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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