tänze der untertanen
Kleine Texte. Groß. Mit Nils Mohls 40 Gedichten kann man ins Leben eintauchen. "tänze der untertanen" sind an Jugendliche adressiert oder auch an alle anderen, die Lust haben, sich in den Gedichten zu verlieren und zu finden. Das Wunderbare und so Lebensnahe an diesem Band ist das Nebeneinander von vermeintlich banalem Sprachnonsens, der einfach Lust an variantenreicher Sprache und Wortkombinationen deutlich macht, und pointierten Texten, die besondere (jugendliche) Gefühle, Stimmungen und Situationen in Worten widerspiegeln. Dabei entstehen ganz eigene Wort- und Bedeutungsschöpfungen. In konzentrierter Form erzählt Mohl kleine Geschichten und spielt mit Sprache. Er lässt Ananas (Plural?) Sex haben (freakige früchtchen), lässt eine genervte Ziege und eine Fliege aus einem Zoo entkommen (spießgesellen) und stellt vor, was man weiß/sagt/hört/glaubt/denkt[…]/man will und wünscht (schlichte wahrheiten). Dazwischen Texte, die etwas Verlorenes, Melancholisches, Trauriges offenbaren. Wenn es an Silvester in den Himmel "raketet" und man sich obgleich der vielen Menschen um einen herum sehr alleine fühlen kann (so im dunkel unter euch) oder auch die Nacheinanderreihung der verschiedenen Zeitformen von Abschied nehmen, in denen das Du zum Ich wird (staffelübergabe), so als müsse man sich den Lauf des Lebens in seiner Abfolge bewusst machen, sich selbst gut zu reden, dass man es bewältigen kann. Die Gedichte werden minimalistisch von der preisgekrönten Comic-Zeichnerin Katharina Greve illustriert. Sie greift sich häufig ein Detail heraus und erzählt in leuchtend orangerotem oder schwarzem Farbton sehr graphisch und lässt den Texten viel (Weiß) Raum. Nichts wirkt hier überladen oder aufdringlich. Ein äußerst gelungenes Zusammenspiel aus Text, Typographie und Gestaltung. Für alle Bestände sehr empfohlen.
Anna Winkler-Benders
rezensiert für den Borromäusverein.
tänze der untertanen
Nils Mohl ; illustriert von Katharina Greve
Mixtvision (2020)
58 Seiten : zahlreiche Illustrationen (überwiegend farbig)
fest geb.