J
Dreimal, bevor er sein Haus verlässt, kehrt Kevern Cohen zurück, um durch den Briefkastenschlitz zu gucken, ob auch alles am Platz ist: der Fernseher läuft, Tee ist gebrüht, der Seidenläufer ist nachlässig verwurstelt. Seine Ängste und Neurosen scheint er mit dem Autor zu teilen. Howard Jacobsons Roman "J" ist ein postapokalyptischer Albtraum. Das Ereignis wird nicht benannt, man referiert allenfalls auf "WAS GESCHEHEN WAR, FALLS ES GESCHEHEN WAR", offenbar ein exzessiver Gewaltakt, rasch verbreitet durch die sozialen Medien, weshalb seitdem alle elektronische Kommunikation eingestellt ist. Aus einem Sammelsurium von Stimmen und vielen Leerstellen, die erst beim Lesen gefüllt werden müssen, kristallisiert sich eine indoktrinierte Gesellschaft heraus, die sich in vorauseilendem Sich-Entschuldigen übt. Die Ausführungen gehen bis zu Keverns Großeltern zurück und erstrecken sich bei seiner Freundin Ailinn, einer aparten Schönheit mit "nestartigem, schwarzen Haar", bis zu deren Urgroßeltern. Das Liebespaar Kevern und Ailinn scheint zu Höherem auserwählt ... - Der collageartige Roman ist etwas anstrengend zu lesen, wird aber literarisch und philosophisch interessierte Leser/innen ansprechen. (Übers.: Friedhelm Rathjen)
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.
J
Howard Jacobson
Dt. Verl.-Anst. (2015)
409 S.
fest geb.