Treue Seelen

Achim und seine Lebensgefährtin Barbara sind aus dem beschaulichen Bonn nach Westberlin gezogen, wo Achim ein Job bei der Bundesanstalt für Materialbeschaffung angeboten wurde. Doch statt eines neuen Anfangs entfremden sich beide immer mehr; vor Treue Seelen allem Barbara kommt mit den beengten Wohnverhältnissen in einem Zehlendorfer Wohnblock, der Spießigkeit und dem Tratsch nicht zurecht. Sie entwickelt eine depressive Angststörung, die ihren Höhepunkt erreicht, als im Mai 1986 der Atomreaktor von Tschernobyl explodierte. Sie denkt an Trennung und eine Rückkehr nach Bonn. Achim hingegen lernt Marion, eine gut 10 Jahre ältere Nachbarin mit Mann und zwei Kindern, kennen. Sie verlieben sich und beginnen eine Affäre, denn auch Marion fühlt sich vom täglichen Stress erdrückt. Die abend- bzw. nächtlichen Treffen bleiben der Hausgemeinschaft und zuletzt auch ihrem Mann nicht verborgen. Also drängt Achim darauf, doch nach Ostberlin zu fahren, wo Marions Schwester wohnt und wo sie sich lieben könnten. Um der umweltpolitisch engagierten Schwester eine Freude zu machen, schmuggelt er einen Geigerzähler über die Grenze, ohne zu ahnen, was er damit anrichtet und dass seine Liebe daran zerbrechen wird. - Es ist ein sprachlich etwas eigenwilliger, aber immer gut lesbarer Roman, der den Gedanken und Gefühlen seiner Figuren genug Raum gibt und der, besonders was den etwas linkisch agierenden Achim angeht, durchaus von einer Art fein witziger Melancholie geprägt ist. Ein lesenswerter Roman, der die eigenartige Atmosphäre dieser Zeit lebendig werden lässt. Empfehlenswert!

Barbara Nüsgen-Schäfer

Barbara Nüsgen-Schäfer

rezensiert für den Borromäusverein.

Treue Seelen

Treue Seelen

Till Raether
btb (2021)

348 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 603864
ISBN 978-3-442-75855-5
9783442758555
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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