Falcone
Die italienische Justiz hat sich schon immer schwergetan, belegbare Beweise zu finden, die gerichtstauglich sind, um gegen die Mafia vorzugehen. Dies gilt auch und besonders für Sizilien. In Palermo ist Giovanni Falcone einer der Richter, die mit einem neuen Ermittlungsansatz zu Erfolgen kommen wollen. Sie folgen konsequent den Geldflüssen, speziell zwischen USA und Italien. Er fordert von den Banken Unterlagen zu den Umtauschgeschäften von Lire in Dollar. Und so findet sich in dem verworrenen Gewebe des Planeten Mafia ein Faden, der manchmal stärker, manchmal dünner ist. Ein Faden, der aber zunehmend die Aktivitäten des Rauschgifthandels offenbar werden lässt. Und dann kam der große Glücksfall Buscetta, ein nach Brasilien geflüchteter Mafioso, den Falcone aber dazu brachte, auszusagen. Und so kam es dann zu einem Mammutprozess in den 1980er Jahren, bei dem Dutzende Angeklagte zu vieljährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Doch die Mafia hat längst alle Skrupel in Bezug auf Attentate fallen gelassen. Nach einigen geglückten Attentaten auf hochrangige Beamten, unter denen auch Freunde Falcones waren, wird für ihn das Leben immer schwieriger und er muss erleben, dass sich die Mafia wieder reorganisiert. Ein Leben ohne Mafia, der Traum von Falcone, blieb ein Traum. Falcone wurde 1992 mit seiner Frau und seinen Geleitschützern auf der Autobahn in der Nähe von Palermo in die Luft gesprengt. Saviano hat hier ein umfangreiches Dokument über eine zentrale Figur des Antimafiakampfes geschaffen. Es gibt sehr viele Dialoge, Schilderungen der gewalttätigen Clanstrukturen, politische Zusammenhänge der italienischen Politik. Ein überaus informatives Buch über einen mutigen Menschen, der immer sagte, dass er vor der Zeit sterben würde. Eine Lektüre für Leser, die sich für Italien interessieren, und nicht nur für dessen schöne Seiten.
Erwin Wieser
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Falcone
Roberto Saviano ; aus dem Italienischen von Annettte Kopetzki
Hanser (2024)
540 Seiten : Illustration
fest geb.