Sinkende Sterne
Anlässlich des Todes seines Vaters kehrt der Ich-Erzähler Thomas Hettche im neuen Roman des Autors Thomas Hettche in das Ferienhaus seiner Kindheit im Wallis zurück. Schon die Anfahrt weist Merkmale einer Dystopie auf, denn kaum hat sich der Erzähler
mitsamt seinem Auto mittels Verladezug durch den Kanderstegtunnel vom Berner Oberland ins Rhonetal begeben, ist ihm der Rückweg versperrt und auch die Gegend, die er nun betritt, erweist sich als mehr oder weniger entvölkert - wobei schnell klar wird, dass eine nicht näher bezeichnete Naturkatastrophe in Folge des Klimawandels hierfür verantwortlich ist. Solchermaßen von der Welt abgeschnitten, sieht sich Hettches fiktionales Ich nicht nur mit Walliser Sagen und Legenden konfrontiert, sondern hat auch, abseits des Zeitgeschehens, einen mythisch überhöhten Raum gefunden, um die drängenden Fragen der Gegenwart, wie beispielsweise Genderdiskurs oder kulturelle Aneignung, zu reflektieren und sich ihnen mit genuin literarisch-erzählerischen Mitteln anzunähern. - "Sinkende Sterne" ist eine Autofiktion im besten Sinne des Wortes, in der es letztendlich um die Bedingungen und Möglichkeiten von Literatur und literarischem Schreiben selbst geht.
Antonie Magen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Sinkende Sterne
Thomas Hettche
Kiepenheuer & Witsch (2023)
213 Seiten : Karten
fest geb.