Blauer Weg

Als politisch hellwacher und interessierter Geist lässt Ortheil seine Leser die spannende Zeit ab 1989 aus nächster Nähe noch einmal erleben und bietet die Möglichkeit zur Reflexion. Ortheil ist vor Ort, als ostdeutsche Flüchtlinge während eines Blauer Weg Aufenthaltes in Prag die westdeutsche Botschaft besetzen. Ein persönlicher Kontakt mit den Flüchtlingen infiziert den Autor und er begibt sich auf eine Reise durch Sofia, Wien, Leipzig, durch ganz Deutschland und natürlich nach Berlin, die Stadt, die er 1989 bezieht, um dort zu sein, wo Geschichte geschrieben wird. Die Aufzeichnung von Gedanken, Begegnungen und Ereignissen dieser Zeit und der Folgejahre verwertet Ortheil literarisch und ermöglicht dadurch einen Einblick, der auf diese Weise einzigartig ist. Der Text rekrutiert sich aus Tagbucheinträgen, Erinnerungen, Briefen, historischen Berichten und Lektürereflexionen. In der Oase seines privaten Gartenhauses entstehen Personenporträts und rückblickende Einschätzungen der geschichtstreibenden Ereignisse. In einem essayistischen Vorwort, das der Neuausgabe vorangestellt ist, erläutert Ortheil selbst das Werden dieses literarischen Tagebuchs und bereichert den Leser mit einem Blick hinter die Kulissen. Ein wertvolles Zeitzeugnis, bei dem man sich wünscht, dass es unter Einbeziehung weiterer Quellen den Wunsch nach Verstehen des historischen Laufs dieser Jahre, dessen Folgen virulent sind, nährt.

Christine Vornehm

Christine Vornehm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Blauer Weg

Blauer Weg

Hanns-Josef Ortheil
Luchterhand (2014)

585 S.
fest geb.

MedienNr.: 408173
ISBN 978-3-630-87444-9
9783630874449
ca. 22,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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