Der unbeugsame Papagei
Auf der Suche nach dem "echten Sowjetmenschen" reist der gebürtige Leningrader Andrej Kurkow in die Vergangenheit der 30/40er Jahre. Fündig wird der Autor (Jahrgang 1961) in Absurdistan. Sein ironischer, episodenreicher Roman liefert die Begründung. Wie sonst wäre zu verstehen, dass sich unter dem Kreml ein idyllischer Park befindet, in dem Lenin, der "Kremlträumer", lebt? In einer spartanischen Laubhütte sitzend, verfasst er Botschaften, die von einer paradiesischen Zukunft künden. Auch seine Erzählungen sind im Volk beliebt. Für den rastlos tätigen Volkskontrolleur Pawel Dobrynin jedenfalls ist die tägliche Lektüre der erzieherisch-didaktischen Geschichten ebenso wichtig wie der Alkohol. Neben Dobrynin agieren auf vier Aktionsebenen weitere, volksnah gestaltete "echte Sowjetmenschen". Was sie eint, ist die Bereitschaft zur bedingungslosen Unterordnung. Die Jahre währende Politagitation hat ihnen das Denken abgewöhnt und sie entmündigt. - Trotz der kritisch-analytischen Sicht ist der Grundton des Erzählten nicht sarkastisch. Der Autor verurteilt nicht, sondern lässt in Bezug auf die Protagonisten Milde walten. Sein parodistisch angelegter, sprachsensibel übersetzter Roman ist zu empfehlen. (Übers.: Sabine Grebing)
Kirsten Sturm
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der unbeugsame Papagei
Andrej Kurkow
Haymon (2013)
431 S.
fest geb.