Fräulein Nettes kurzer Sommer

Die von Geburt an kränkliche und fast blinde Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) entwickelt sich zu einer musikalisch und vor allem poetisch sehr talentierten, äußerst interessierten und lebhaften jungen Frau, die, obwohl nicht eigentlich hübsch, Fräulein Nettes kurzer Sommer reizvoll ist und auffällt. Gerade bei einigen Verwandten weckt dies einen gewissen Unwillen, aus dem heraus sie bereitwillig einer unsäglichen Intrige zustimmen, bei der Annette in ihrer Liebe und Treue zu dem mittellosen Studenten Heinrich Straube vom "Schönen Arnswaldt" "geprüft" werden soll und dabei so verführt, so verwirrt und letztlich so tief gedemütigt wird, dass sie sich auf Jahre aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzieht. - Dieser Roman geht jedoch noch viel weiter als über diesen Schicksalssommer 1820, über dieses Frauenschicksal hinaus: Karen Duve versteht es, in enger Anlehnung an zeitgenössische Dokumente, einen prallen, eindrucksvollen, fesselnden, bildenden Roman entstehen zu lassen, der den Leser in die Zeit nach Napoleon, des erwachenden Nationalismus, der Studentenschaften, des Erstarken des Bürgertums, der fortschreitenden Industrialisierung, der Romantik, des Biedermeiers und auch der wachsenden Judenfeindlichkeit entführt. Und dies scheinbar ganz einfach und unprätentiös, indem sie von den Personen erzählt, von ihren Gesprächen, ihren Erlebnissen, ihren Ideen und Handlungen. Ein Roman, der nie langweilig wird und der gewiss des Öfteren zum "Googeln" anregt. Für eine vielseitig interessierte, offene Leserschaft sehr zu empfehlen.

Barbara Nüsgen-Schäfer

Barbara Nüsgen-Schäfer

rezensiert für den Borromäusverein.

Fräulein Nettes kurzer Sommer

Fräulein Nettes kurzer Sommer

Karen Duve
Galiani Berlin (2018)

580 S. : Kt., graph. Darst.
fest geb.

MedienNr.: 594459
ISBN 978-3-86971-138-6
9783869711386
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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