Falsche Papiere

Der erste Essay der jungen mexikanischen Autorin ("Die Schwerelosen", BP/mp 13/615) beginnt mit der Suche nach dem Grab von Joseph Brodsky auf der venezianischen Friedhofsinsel San Michele: "Ein Grab auf dem Friedhof zu suchen ist wie die Suche nach Falsche Papiere einem unbekannten Gesicht in einer Menschenmenge." Während ihres Spaziergangs über den Friedhof erinnert sie sich an andere berühmte Künstler, die dort bestattet sind. In den anderen Essays denkt sie nach über die Kartenprojektionen im Flugzeug, über die Unordnung der Landkartensammlungen in Mexiko-Stadt, über Architektur und was sie mit den Menschen macht, über die Veränderungen des Spazierengehens in einer Großstadt im Laufe der Zeit, über die "Unsichtbarkeit" des Fahrradfahrers und über das Übersetzen unübersetzbarer Begriffe ("saudade" aus dem Portugiesischen); es handelt sich um Gedanken über Erinnerung, Vergangenheit und Gegenwärtiges, Reflexionen über "die Namen der Dinge", über die Sprache, immer verbunden mit literarischen Verweisen (Pessoa, Proust, Wittgenstein). Da "die Städte ... wie unsere Körper, wie die Sprache auch, in einem Prozess der Auflösung begriffen (sind)", sucht sie das "genaue Wort", die "letzten Dinge". Schreiben bedeutet für sie "relingos" (Leere) füllen. Diese Essays sind hoch reflexiv, ja geradezu bildungsüberfrachtet, wirken preziös und bilden insofern eine schwere Lektüre für den "Normal"-Leser. Daher nur für speziell Interessierte geeignet. (Übers.: Dagmar Ploetz u. Nora Haller)

Ileana Beckmann

Ileana Beckmann

rezensiert für den Borromäusverein.

Falsche Papiere

Falsche Papiere

Valeria Luiselli
Kunstmann (2014)

125 S.
fest geb.

MedienNr.: 399557
ISBN 978-3-88897-936-1
9783888979361
ca. 16,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.