Tugend
Reimer Gronemeyer möchte den mannigfaltigen Herausforderungen und problematischen Entwicklungen unserer Zeit etwas entgegensetzen und appelliert an die Wiederentdeckung zentraler menschlicher Tugenden wie Zusammenhalt, Gemeinschaftlichkeit und Empathie.
Leider bietet er jedoch keinen Ansatz, wie dies praktisch gelingen kann, sondern verliert sich in einer endlosen Aneinanderreihung von kulturpessimistischen Plattitüden, die in ständiger Wiederholung den politisch, technologisch oder ökologisch indizierten Weltuntergang heraufbeschwören. Das ist deprimierend zu lesen und ohne viel Tiefgang, zumal seine konkreten Gedanken zum Thema Tugend überschaubar sind: Beispiele sind etwa die Erfahrung von Harmonie in (romantisch verklärten) afrikanischen Gottesdiensten, asketische Klostergemeinschaften in der Spätantike oder auch Einzelpersonen, die im verstrahlten Fukushima Tiere füttern. Dies alles wird nicht in verallgemeinerbare, handlungsleitende Impulse überführt, sondern verharrt bei moralisierenden Ermahnungen. Ein kaum erhellendes und daher verzichtbares Buch.
Vanessa Görtz-Meiners
rezensiert für den Borromäusverein.

Tugend
Reimer Gronemeyer
Edition Körber (2019)
214 Seiten
fest geb.