Mameleben oder das gestohlenen Glück

Das Leben hatte für die Jüdin Charlotte, der Mutter des Autors, nicht viele glückliche Momente. Mit ihren Mitmenschen ging sie hart ins Gericht. Das musste auch ihr einziges Kind Michel Bergmann aushalten, der natürlich die Mutter liebt, aber auch Mameleben oder das gestohlenen Glück unter ihren Attacken leidet. 1917 während des Ersten Weltkriegs geboren, verliert sie mit drei Jahren die Mutter, im Zweiten Weltkrieg fast ihre ganze Familie. Das Lager, die Flucht in die Schweiz, wo wiederum in einem Lager kurz vor Kriegsende Michel zur Welt kommt, die Krankheit und der Tod des Ehemannes - das Unglück findet mit den Jahren kein Ende. Hochbetagt entschließt sich Lotte, nicht mehr leben zu wollen, und findet sich in einer psychiatrischen Klinik wieder. Michel, der eilig anreist, wird vorgeworfen, sich nicht genügend um die Mutter zu kümmern, doch sie macht es ihm eben nicht leicht. Jetzt, 25 Jahre später, hat Bergmann ein besseres Verständnis für sie und ihre raue Wesensart und er entfaltet mit diesem Roman ein Leben voller Schicksalsschläge und Miseren, eine Chronologie des Schmerzes, aber auch der Zeitgeschichte. In einem Kapitel lässt er die Mutter einen Monolog führen, im Epilog wendet er sich mit einem Brief an sie, in dem er klare Worte findet, sich in ihr Leben hineinfühlt und bekennt, wie sehr er sie vermisst. Es schließt sich ein umfassendes Glossar mit Übersetzungen jüdischer und französischer Wörter und Redewendungen an, die im Roman vorkommen. Ein Stück weit Autobiografie, Aufarbeitung der Mutter-Sohn-Beziehung, eine Hommage an eine Mutter - lesenswert!

Gabriele Berberich

Gabriele Berberich

rezensiert für den Borromäusverein.

Mameleben oder das gestohlenen Glück

Mameleben oder das gestohlenen Glück

Michel Bergmann
Diogenes (2023)

243 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 615003
ISBN 978-3-257-07225-9
9783257072259
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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