Die Eskalation
Nachdem es vier Jahre zuvor in den globalen digitalen Netzen ein "Erwachen" gab, wurde aus Künstlicher Intelligenz (KI) Maschinenintelligenz (MI). Das sich selbst optimierende System "Goliath" verbreitete sich rasend schnell, übernahm die weltweite digitale Infrastruktur, herrscht seither u.a. über Kommunikation, Lebensmittelproduktion, Strom- und Wasserversorgung oder Transportwesen und schickt Menschen zum Mars. Die Menschen sind zufrieden, sie haben alles, was sie brauchen, fast alle Arbeit wird von Robotern oder Drohnen erledigt und Virtual Reality ist das neue Opium des Volkes; aber der Mensch hat keine Kontrolle mehr über seine Welt, die Nationalstaaten werden ersetzt durch Verwaltungsräte und Konsule von "Goliath". Es bildet sich Widerstand, die Gruppe Camelot befürchtet, dass "Goliath" die Menschheit ausrotten will, und versucht, Widerstand zu organisieren. Doch Goliath reagiert und versperrt die Zugangsknoten zum Internet, schaltet in New York den Strom ab ... - Andreas Brandhorst fragt sich in seinem neuesten Wälzer, der Fortsetzung seines Bestsellers "Das Erwachen" (BP/mp 17/981), was aus der Menschheit wird, wenn sie es mit einer völlig fremdartigen Intelligenz zu tun bekommt, ob man Maschinenintelligenz Bewusstsein unterstellen darf und ob es zu einer Koexistenz mit ihr kommen kann. Der Autor liefert mit gut gezeichneten Figuren eine phantasievoll konstruierte Zukunftsvision, in der zwar wissenschaftliche und philosophische Themen angesprochen und technische Entwicklungen und deren moralische Konsequenzen in den Raum gestellt werden, aber letztlich sich dauernd wiederholende alberne Action-Szenen den Lesegenuss empfindlich mindern.
Günther Freund
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Eskalation
Andreas Brandhorst
Piper (2020)
633 Seiten
kt.