Träumen

Wenn der mittlerweile weltbekannte norwegische Autor sein gewaltiges sechsbändiges autobiographisches Projekt "Mein Kampf" nennt, so ist das weit mehr als eine verkaufsfördernde Provokation. Vielmehr macht dies klar, dass der Autor sein Leben in Träumen quälerischer Selbstreflexion immer am Rande des Scheiterns begriffen hat. Er ist ein Zerrissener, ein Suchender, ein Schuldbeladener, ein ewig Unzufriedener. Nichts geht ihm - wie manchen Bekannten, die er darob beneidet - leicht von der Hand, keine Liebe, keine Freundschaft, nicht das Studium der Literaturwissenschaft, nicht sein Job in einer psychiatrischen Anstalt, nicht einmal als Schlagzeuger in einer Studentenband überzeugt er. Er fühlt sich unabweisbar zum Schriftsteller berufen, hat aber an der Schreib-Akademie fast nur Misserfolge und Demütigungen zu verzeichnen. Der Reiz des umfangreichen Romans besteht darin, dass der Leser in umfassender Weise in den Selbsthass und das Scheitern Knausgards hineingenommen wird. Wohl weil es sich nicht um eine fiktive Romanfigur handelt, ist der Leser umso tiefer getroffen, leidet und freut sich mit diesem kläglichen Jedermann, in dem er sich teilweise wiederfinden kann. Obwohl der mittlerweile 47-jährige Knausgard über längst Vergangenes schreibt, ist das Beschriebene in allen Einzelheiten erfasst, Der Autor, der nach eigener Aussage seine Tagebücher vernichtet hat, müsste schon über ein übermenschlich zuverlässiges Gedächtnis verfügen. Darin besteht die eigentlich romanhafte Fiktion und Künstlichkeit, Hyperrealismus als Kunstform eben, wie man ihn sonst bei kaum einem Schriftsteller erleben kann. Umstritten, faszinierend und ekstatisch gefeiert! (Übers.: Paul Berf)

Träumen

Träumen

Karl Ove Knausgård
Luchterhand (2015)

793 S.
fest geb.

MedienNr.: 798265
ISBN 978-3-630-87414-2
9783630874142
ca. 24,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.