Kämpfen
Im sechsten und letzten Band seines autobiografischen Projektes schildert Karl Ove Knausgård u. a., welchen Preis er für seine Offenheit zu bezahlen hatte. Das Gefühl, zu viel über andere Menschen 'verraten' zu haben und das daraus folgende schlechte Gewissen, quälen und verfolgen Knausgård über einen langen Zeitraum hinweg. Gleichzeitig schildert der Autor akribisch das Alltagsleben mit seinen drei Kindern und seiner Frau Linda, wobei er die psychische Erkrankung seiner Frau, die an Depressionen leidet, nicht ausklammert. Eingestreut in diese autobiografischen Schilderungen finden sich Reflexionen zu verschiedenen Themen, darunter ausführliche Auseinandersetzungen mit bestimmten Aspekten des Nationalsozialismus. Ob es sich bei dem Buch um eine geniale Erweiterung der Grenzen der Literatur handelt oder um eine literarische Ausprägung der narzisstischen Selbstdarstellung, wie sie in den sozialen Medien Einzug gehalten haben, liegt im Auge des Betrachters. Jedenfalls gelingen Knausgård Bilder von mitreißender Dichte, die den Alltag des Autors - und damit das menschliche Leben - in den Mittelpunkt eines literarischen Großprojektes rücken. (Übers.: Paul Berf und Ulrich Sonnenberg)
Walter Brunhuber
rezensiert für den Borromäusverein.
Kämpfen
Karl Ove Knausgård
Luchterhand (2017)
1276 S.
fest geb.