Von den Märchen
Das Buch ist ein Porträt Michael Köhlmeiers und seiner Liebe zu den Märchen. Die Großmutter erzählte sie, dem Vater, der sich lieber auf historische Ereignisse verließ, waren sie peinlich. Michael Köhlmeier erzählt, wie er selbst als Junge die Geschichte des Grimmschen 'Herr Korbes' mit immer neuen, dramatischen Wendungen entwickelte. Er liebte Märchen, sammelte sie und befand sich ob seiner - zeitweise heimlichen - Liebe im 'Argumentationsnotstand'. Wer Märchen liebte, machte sich verdächtig, wurde schnell in die 'rechte' Ecke gedrängt. Köhlmeier, der "Romantiker (eigentlich) nicht leiden" konnte, schätzt die Arbeit der Brüder Grimm, vielleicht auch, weil sie um "Wahrheit" gerungen haben, bis es ihnen am Ende vor allem auf gute Geschichten ankam. Das Buch ist eine Auseinandersetzung mit dem Vater und anderen Kritikern und eine Suche nach dem, was eine gute Geschichte ausmacht. Der Diskurs, den Michael Köhlmeier hier entfacht, ist klug und persönlich erzählt. Er zeigt, dass man bei Märchen aufklärerisch schnell an Grenzen gerät und sie vielleicht immer wieder ganz neu zu denken sind. Für kleinere Bestände nicht zu empfehlen, für interessierte Leser aber ein sehr lesenswertes Buch.
Christiane Raeder
rezensiert für den Borromäusverein.
Von den Märchen
Michael Köhlmeier
Haymon (2018)
206 S.
fest geb.