Schaut, wie wir tanzen

Das Schicksal von Frauen zwischen zwei Kulturen ist wieder Thema von Leïla Slimani: In der Fortsetzung von „Das Land der Anderen“ (BP/mp 22/264) schildert sie das Leben in Marokko Ende der 1960er Jahre. Aïcha kehrt nach dem Medizinstudium in Straßburg auf das Anwesen ihrer Eltern in Marokko zurück. Das großbürgerliche Leben ist von vielen kulturellen wie religiösen Konventionen bestimmt, ganz anders als in Frankreich (der Heimat ihrer Mutter). Dort lehnen sich die Studenten gegen das Establishment auf, eine neue Zeit beginnt. Während Hippies aus aller Welt in Tanger Drogen und freie Liebe suchen (und finden!), kann der König seine Position nach einem gescheiterten Putschversuch stärken. Von Aufbruch in eine neue Welt keine Spur - und als Ärztin ist Aïcha eine Exotin. Auch ihr Freund ist einerseits fasziniert von neuen Ideen und einem gesellschaftlichen Wandel, gleichzeitig aber gefangen in den Traditionen seiner marokkanischen Heimat. Aïchas Bruder schließt sich unterdessen Hippies aus Europa an und verliert den Kontakt zu seiner Familie … Der zweite Teil einer Trilogie, basierend auf der Familiengeschichte der Autorin, wird von Wiebke Puls ungekürzt gelesen. Die Geschichte in bewegten Zeiten und zwischen zwei Kulturen bietet Unterhaltung auf hohem Niveau. Vieles erschließt sich noch besser, wenn man den ersten Teil kennt. Sehr zu empfehlen.