Die Frau aus dem Meer
Als Gnazio Manisco im Jahre 1895, nach fünfundzwanzig Jahren, aus Amerika ins sizilianische Vigàta zurückkehrt, hat er viel Erfahrung als Gärtner und Maurer gesammelt. Der mittlerweile 45-jährige baut ein Haus auf einer Landzunge am Meer und beschließt zu heiraten. Die alte Wunderheilerin Donna Pina stellt ihm Maruzza Masumeci vor. Die wunderschöne Maruzza singt in einer für Gnazio fremden Sprache und behauptet, eine Sirene, ein mythologisches Wesen halb Frau, halb Fisch zu sein. Gnazio glaubt ihr nicht und wundert sich auch nicht, dass eine seltsame Hochzeitszeremonie stattfindet, dass Maruzza regelmäßig in einer Zisterne im Meerwasser baden will und dass sie häufig mit einer Muschel am Ohr singt. Auch zahlreiche weitere befremdliche Vorgänge und Todesfälle beunruhigen ihn nicht. Nacheinander werden vier Kinder geboren. Die Tochter Resina fühlt sich vom Meer angezogen und hat offenbar viel von ihrer Mutter geerbt. Erst mit den Fliegerangriffen auf Vigàta im Zweiten Weltkrieg nimmt dieses Märchen ein jähes Ende. - Andrea Camilleri präsentiert eine kunstvolle Neuerzählung des alten Märchens vom Bauern, der eine Sirene zur Frau nimmt. Der sizilianische Autor lässt in diesem Buch kurz Lyonel Feininger auftreten, der die Architektur von Gnazios Bauwerk und seine Baukunst bewundert und davon Walter Gropius berichtet. Mit diesem Kunstgriff werden dem Leser zwei Zeugen für den Wahrheitsanspruch dieses Märchens vorgeführt. Ein schönes, phantasievolles Märchen, gern empfohlen. (Übers.: Moshe Kahn)
Birgit Fromme
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Frau aus dem Meer
Andrea Camilleri
Kindler (2011)
154 S.
fest geb.