Der Deutsche Buchpreis 2018 geht an Inger-Maria Mahlke für ihren Roman „Archipel”. Damit hat sich die Buchpreisjury erneut für einen Familienroman entschieden, der die Geschichte Teneriffas von der Gegenwart zurück ins Jahr 1919 erzählt. Die Jury verweist in ihrer Begründung auf „die schillernden Details, die diesen Roman zu einem eindrücklichen Ereignis machen. Das Alltagsleben, eine beschädigte Landschaft, aber auch das Licht werden in der Sprache sinnlich erfahrbar. Faszinierend ist der Blick der Autorin für die feinen Verästelungen in familiären und sozialen Beziehungen.“
Archipel
Die Autorin beginnt mit der Gegenwart und geht ihr Thema retrospektiv an. Tourismus und Investitionen sind der äußere Rahmen für das Ehepaar Ana und Felipe. Eine Klammer tief in die Vergangenheit ist eine Retrospektive zu einer Surrealistenausstellung in Santa Cruz. Und das Leben ihrer beiden Herkunftsfamilien samt Dienstmädchen Merche und besonders durch Julio Baute, den Vater Anas, der heute hochbetagt in einem Seniorenstift lebt. Merche hat die Armut vor 50 Jahren durchlebt; Julio in der eigenen Familie die Auswirkungen des spanischen Bürgerkriegs und der Franco-Diktatur. Eine Art Gegenspieler ist Eliseo, der Vater Felipes, ein Offizier, der mit den Kämpfen um Spanisch-Sahara zu tun hat. - Die Familienchronik führt den Leser zurück bis 1919, als Spanien die Kanaren vernachlässigt hatte und britische Kaufleute das öffentliche Leben und die Wirtschaft dominierten. Auffallend ist bei der Darstellung der Eltern- und Großelterngeneration die unentschiedene, schwache Rolle der Frauen. Die Lektüre ist durch die komplexen Namen und viele spanische Zitate nicht einfach, trotz Register der handelnden Personen und dem sehr umfangreichen Glossar. Die heute Agierenden werden aus ihrem Herkommen beleuchtet, das Bild schließt sich aber erst am Ende des Buches.
Denise Müller
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Archipel
Inger-Maria Mahlke
Rowohlt (2018)
430 S.
fest geb.
Die Preisträgerin
Inger-Maria Mahlke, geboren 1977, wuchs in Lübeck und auf Teneriffa auf, studierte Rechtswissenschaften in Berlin und veröffentlichte 2010 ihren Debüt-Roman „Silberfischchen“. Seitdem hat sie drei weitere Romane veröffentlicht; mit dem historischen Roman „Wie ihr wollt“ (BP/mp 15/116) über Mary Grey, eine Großcousine der englischen Königin Elisabeth I., stand sie 2015 bereits auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.
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